Die Augen der Frau am Tisch sind leer. Fenster in einem verlassenen Haus. Sie sitzt einfach nur da. Und kaut. Starrt auf ihren Teller. Wenig interessantes Programm. Wir anderen reden über dieses und jenes. Long-Covid zum Beispiel. Machen wir oft. Ein beliebtes Thema. Nachvollziehbar. In einer Reha-Klinik. Die Frau zuckt zusammen. Jedes Mal, wenn das Wort Corona fällt. Und es fällt oft.
Ich schaue in ihr Gesicht. Narben. Ungewöhnliche Narben. An ungewöhnlichen Stellen. Wunde Flecken. Zucken. Furchtsam. Verängstigt. Sie hat Schmerzen beim Kauen, beim Schlucken. Erkennbar. Wir wissen Bescheid. Glauben wir. Und so verhalten wir uns auch. Beinahe großkotzig. Jeder am Tisch etwas Besonderes. Die Krankenakte als Starschnitt. Ein bisschen sind wir stolz auf unser Leiden. Wenn uns schon keiner versteht, bitte. Die Frau versteht. Und dann spricht Sie.
„Der Rachenraum. Entzündet.“ Sie fährt mit den Fingern durch Ihr Gesicht. „Hier. Und hier. Narben. von der Maske. Intensivstation. Lungemaschine.“ Sie gleitet mit der Hand den Hals entlang. „Alles entzündet. Intubiert. Kehlkopf, Luftröhre, und so weiter.“ Die Aufzählung der Folgeschäden einer Langzeitintubation klingen unerfreulich. Psychische wie physische. Aber.
„Ich war ungeimpft. Mein Sohn wollte nicht. Hat gesagt ich sterbe, wenn ich geimpft werde.“ Keine Regung. „Dann wäre ich fast gestorben. An Covid. Mein Sohn wollte nicht, dass ich ins Krankenhaus komme. Meine Tochter hat mich gerettet. In der Klinik dann direkt ins Wachkoma. Ohne die Klinik wäre ich jetzt tot.“
Dann steht sie auf. Wir wünschen alles Gute. Die Großkotzigkeit schnürt uns den Hals zu. Der eigene Sohn. Verblendung. Infatuation.
Traurig diese fast tödliche Ignoranz 😒
Schwere Körperverletzung